Ein väterliches Tätscheln des Gesichts wurde dem Abteilungsleiter zum Verhängnis. Seine Mitarbeiterin war frustriert, er berührte ihr Gesicht in einer väterlichen Geste mit der Bemerkung: «Du musst nicht traurig sein, das ist nicht so schlimm.»
Dass diese Geste eine Grenzüberschreitung ist, ist unbestritten. Der Vorgesetzte hatte jedoch keine böse Absicht und das Tätscheln war nicht sexuell motiviert. Seine Mitarbeiterin beschwerte sich bei der Personalverantwortlichen und bezichtigte ihn der sexuellen Belästigung.
Zeug:innen verhindern schlimmere Vorwürfe
Zu seinem Glück waren bei diesem Erlebnis weitere Mitarbeitende anwesend. «Sonst wäre aus dem Gesicht wohl eine andere Backe geworden», meint er rückblickend im Gespräch mit mir. Als Folge gab es neue interne Richtlinien, um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern. Zu seinem Selbstschutz achtete er nach diesem Erlebnis darauf, nie mit der ihm unterstellten Mitarbeiterin alleine in einem Raum zu sein und die Bürotür stets offen zu lassen. Er lernte daraus auch, dass die Grenzen bei jeder Person woanders liegen und dass solche Gesten nicht angebracht sind. Egal wie harmlos und wohlwollend sie aus seiner Sicht waren, für eine andere Person kann dies bereits grenzwertig sein.
Kurze Zeit später wechselte die Mitarbeiterin den Arbeitgeber, da sich ihr eine Karrierechance bot. Ihre ehemaligen Arbeitskolleginnen liess sie aber wissen: Der Wechsel war nötig, da sie es nicht mehr aushielt, ihrem Peiniger untergestellt zu sein. Dem Vorgesetzten kam denn auch zu Ohren, dass die Mitarbeiterin im Team Stimmung gegen ihn machte. Er ging nicht darauf ein. Er hegt heute auch keinen Groll gegen sie und erinnert sich daran, dass sie über hohe Fachkompetenz verfügte. Auf der fachlichen Ebene habe er sie geschätzt, obwohl die Zusammenarbeit nicht immer einfach gewesen sei. Sie soll ein hohes Bedürfnis nach Anerkennung gehabt und diese auch eingefordert haben. Weshalb sie die grenzwertige, aber keineswegs sexuell motivierte Geste als sexuelle Belästigung bezeichnete, kann er sich bis heute nicht erklären.
Grenzen setzen ist wichtig – insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Meiner Meinung nach wurde die Geschichte jedoch unnötig aufgebauscht.
Vor dieser Stelle machte sie auch schon Mobbing geltend als Kündigungsgrund. Ihre Arbeitskolleginnen sollen sie gemobbt haben. Erst Mobbing, dann sexuelle Belästigung, und nun also sexueller Missbrauch. Gehört das Lügen zur Überlebens- und Erfolgsstrategie dieser Frau?