Tangled: Psychische Gewalt und emotionale Abhängigkeit

Meine Tochter liebt den Disneyfilm «Tangled». Im Gespräch mit meiner Vierjährigen über die böse Stiefmutter Gothel sehe ich Parallelen zu Müttern, die falsche Beschuldigungen aussprechen und dem Kind eine unbeschwerte Kindheit nehmen.

Rapunzel wächst isoliert im Turm auf, abgeschnitten von jeder Realität. Sie war noch zu klein, um sich an ihre Eltern zu erinnern, und kennt nur eine Bezugsperson: ihre Entführerin, Mutter Gothel. Rapunzel glaubt alles, was Gothel ihr erzählt. Diese beschreibt die Welt draussen als bedrohlich. Überall lauern Gefahren und böse Menschen. Ihre Kontrolle tarnt Gothel als Fürsorge. Gothel isoliert Rapunzel, verbreitet Angst und giesst Misstrauen. Sie betreibt Gaslighting pur, indem sie Rapunzel dazu bringt, an sich selbst und der Realität zu zweifeln.

Im Gespräch mit meiner Tochter merke ich, wie leicht sich ein kindliches Herz täuschen lässt. Sie versteht, dass es nicht gut ist, Rapunzel einzusperren, aber sie glaubt Gothel, wenn diese sagt, sie wolle nur beschützen.

Tief in ihrem Herzen spürt Rapunzel, dass draussen etwas auf sie wartet. Sie wünscht sich, zu ihrem 18. Geburtstag das Laternenfest zu sehen. Gothel verbietet es und sagt, es sei zu gefährlich. Rapunzel fügt sich, schmiedet aber heimlich einen Plan. Sie schickt Gothel fort, um besondere Farbe zu besorgen.

Mit Flynn Rider, der eigentlich Eugene heisst, macht sich Rapunzel auf den Weg. Kaum geht sie die ersten Schritte in Freiheit, verfliegt ihre Euphorie und Schuldgefühle machen sich breit. Das unsichtbare Band jahrelanger emotionaler Abhängigkeit zieht noch immer an ihr. Dieses Muster erinnert an das, was Psycholog:innen als Trauma-Bonding bezeichnen. Trotz oder gerade wegen der manipulativen Kontrolle entwickelt das Opfer eine starke emotionale Bindung zur Täterin.

Was Gothel tut, ist psychische Gewalt. Sie indoktriniert Rapunzel mit Angst, Misstrauen und Lügen. Nicht aus Liebe, sondern aus Selbstsucht. Gothel nährt sich an Rapunzels Zuneigung wie an einem niemals endenden Festmahl. Jeder Beweis, dass Rapunzel ohne sie verloren wäre, ist für sie ein Triumph. Sie fälscht oder inszeniert diese Beweise, wenn es nötig ist. Sie geht sogar so weit, dass sie Eugene falsch beschuldigt, nur um Rapunzel weiterhin zu isolieren und stärker an sich selbst zu binden.

Am Ende siegt jedoch das Gute. Gothels Lügen brechen zusammen, und sie zerfällt zu Staub. So ergeht es auch den Lügengebilden narzisstischer Mütter. Früher oder später werden diese in sich zusammenfallen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert